14 glückliche Jahre...
November 2002, durch Zufall habe ich erfahren, dass 5 Hunde aus Rumänien ein Zuhause suchen, und zusammen mit meinem 13jährigen Sohn machte ich mich umgehend auf den Weg nach Karlsruhe.
Wir betraten einen Garten und schon stürmten 5 Welpen und Junghunde in unsere Richtung. Aber da eine Person vor uns war, flogen sie dieser fast in die Arme, allen voran ein kleiner Dackel-Mix.
Jenny, da habe ich dich zum ersten Mal gesehen.
Mit den Worten, „wenn ich mir nun einen Hund aussuchen würde, du wärst mir zu klein”, schob die Dame dich zur Seite und kraulte die anderen. Du kleines Hundekind saßest mit großen Augen daneben, hast zugesehen, wie die anderen gestreichelt wurden und mich trafen diese Worte, das Verhalten dieser Frau, dein Blick, der abgewiesene kleine Hund, mitten ins Herz.
Ich kniete mich auf die nasse Erde, du blicktest in meine Richtung und ich flüsterte nur, „komm mein Schatz, du bist nicht zu klein, du bist ein ganz toller Hund“. Langsam, nicht mehr stürmisch wie zuvor, als hättest du Angst, wieder abgewiesen zu werden, kamst du zu mir. Ich nahm dich in den Arm und du drücktest dich an mich.
Von irgendwo her kam die Stimme meines Sohnes, „Mami, das ist dann jetzt unser Hund?“, ich hatte ihn ganz vergessen…
Für mich war in diesem Moment klar, dass ich dir zeitlebens beweisen werde, dass du nie mehr abgewiesen wirst, dass du zu uns gehörst, wir durch dick und dünn miteinander gehen werden, ich alles für dich tun werde und ich immer für dich da sein werde.
Einen Tag später zogst du bei uns ein, ein Dackel-Mix, wo ich doch mit einem Dackel nie etwas am Hut hatte, aber wie unwichtig war das doch. Wir beide wussten von der ersten Sekunde an, dass wir zusammen gehören, dass zwischen uns etwas ganz Besonderes ist.
Jenny, DU warst einfach etwas Besonderes. Brachtest du es doch mit deinen 4 ½ Monaten von Anfang an fertig, bei unserer alten Bonny sofort auszugleichen, was bei ihr nicht mehr funktionierte und das war vor allem das Gehör.
Wenn es an der Haustür klingelte, oder sich beim Gassi gehen jemand näherte, stupstest du Bonny sachte an und machtest sie aufmerksam. Gleichzeitig erkanntest du kleine Maus die Führung der älteren Hündin an. Oft warst du ihr überlegen, du hast es Bonny nie spüren lassen.
Wie begeistert hast du die Tulpenzwiebeln ausgebuddelt, die Herrchen in der Erde versenkt hatte. Freudig, mit fliegenden Ohren brachtest du eine nach der anderen stolz zu mir ins Wohnzimmer.
Ich habe sie lachend gesammelt und wieder Peter übergeben, der sie irgendwann nur doch unsortiert und lieblos in die Erde klatschte, von wegen farblich sortiert.
Was hatten wir doch im Frühling für eine bunte Blütenpracht, große und kleine Tulpen, alle Arten bunt durcheinander und es war wunderschön. 🙂
Der Rasen war nach kurzer Zeit eine Spielwiese für die Meerschweinchen. Du hast Löcher und Kuhlen gebuddelt und die Meerschweinchen düsten begeistert durch diese Gräben.
Tja, die Meerschweinchen und später Hase Möhrchen, das waren deine besonderen Schützlinge. Keine fremde Katze oder gar ein Hund durfte sich ihnen nähern. Du hast die „Wuzzis“ bewacht und wärst auf alles los gegangen, hätte ihnen jemand Schaden zufügen wollen und die Kleinen wuselten fröhlich quietschend um dich herum.
Dann kam Tara. Ein winziges Hundekind, keine 6 Wochen alt und nicht größer als ein Meerschweinchen. Eigentlich hattest du mit Welpen gar nichts im Sinn, aber du hast die kleine Tara, die in Rumänien bei strömendem Regen in einem Gebüsch entsorgt worden war, sofort angenommen und ihr die Mama ersetzt.
Dir hat Tara zu verdanken, dass sie nicht vermittelt wurde, sondern dass sie als Hund Nr. 3 bei uns blieb. Bonny war inzwischen 16 Jahre alt und die dreiste Tara meinte, dass sie unsere Omi jetzt dominieren könnte.
Dieses freche Biest knurrte Bonny an und wollte sie nicht ins Schlafzimmer lassen. So schnell konnten wir nicht reagieren, da bist du bereits mit einem Satz vom Bett gesprungen und hast Tara ruck-zuck auf den Rücken gelegt, knurrend mit gefletschten Zähnen standst du über ihr.
So hatten wir dich noch nie erlebt. Nie mehr hat Tara versucht Bonny auf die Seite zu drängen, nie mehr! Du bist dann umgehend zu Bonny, die ganz verwirrt da stand und gar nicht richtig begriff, was hier passiert war, hast ihr die Schnauze geleckt und hast sie ins Schlafzimmer begleitet.
Täglich waren wir mit anderen Hunden im Hardtwald. Auf deinen strammen Beinchen warst du immer freudig unterwegs, hast jede Wildschweinsuhle entdeckt, warst begeistert im schlammigen Hirschgarben unterwegs und hast mehr als einmal ausgesehen, wie die „Moorhexe“ vom Hardwald.
Souverän hast du jede Hundebegegnung gemeistert und jedem Eichhörnchen deutlich „gesagt“, was du davon hältst, dass so ein rotes Fellknäul einfach den Baum hoch rennt, sich noch gut sichtbar auf einem Ast platziert und dann noch so unverschämt „keckert“.
Und dann sind wir bei deiner Stimme. Nie warst du so ein schriller Kläffer mit dem kleinhundtypischen Größenwahn. Du hattest eine tiefe Stimme und wer dich nicht gesehen hat, hätte nie vermutet, dass hier ein kleiner Hund dahinter steckt.
Was hattest du bei unseren Urlauben im Bayerischen Wald immer einen Spaß im Schnee. Oft war nur noch ein Ohr oder ein Stück von deinem Schwanz zu sehen, ansonsten konnten wir nur an den Bewegungen im Schnee erahnen, wo du gerade aktiv warst. Dann kamst du wieder mit lachendem Gesicht, schneebedeckt zu uns gerannt, Lebensfreude pur.
Bonny verließ uns, du warst dabei, als wir sie beerdigt haben. Einige Wochen später zog Milka bei uns ein. Für die unsichere Milka warst du eine souveräne und wichtige Stütze und so oft dachte ich, du machst das besser als ich.
Ein Jahr später kam Yeesha dazu, nach einem weiteren Jahr Guba. Und wer führte neben mir das inzwischen 5-köpfige Hunderudel an – DU. Souverän, cool, Jenny, du warst einfach toll.
Auch ein Erlebnis im Wald werde ich nie vergessen. Unmittelbar neben dem Waldweg lag eine ganze Rotte Wildschweine, mir wurde ganz anders.
Du hast nur leise geknurrt, sofort reihten sich Tara, Milka, Yeesha und Guba, die sonst mehr als ungestüm waren, zwischen uns beiden ein, ohne Diskussion oder Aufmucken, und so passierten wir die etwa 12-15 grau-schwarzen Gesellen, die mit stechenden Augen in unsere Richtung blickten.
Urlaub in Südfrankreich – meine beiden Jungs rangelten mit mir im Wasser und wollten mich untertauchen. Mutig bist du ins Meer gesprungen, um mir beizustehen. Auch das werde ich nie vergessen, wie du da zielstrebig durch die Wellen gepaddelt bist.
Auch du wurdest älter und deine Rudelmitglieder meinten immer mal wieder, es besser zu wissen. Du hast sie beobachtet und ließest sie gewähren.
Aber in dem Moment, wo du gespürt hast, du wirst gebraucht, warst du da und standst ihnen zur Seite. Keine der anderen hatte deine Souveränität, deine Cleverness und deine Abgeklärtheit, das haben sie bis heute nicht.
Als wäre ein 5er-Rudel nicht genug, kam dann noch Cino dazu. Natürlich wurde ihm von den 4 Weibsen mit der großen Klappe erst einmal vermittelt, wir sind alles, du bist nichts. Schließlich muss man so einem Jungspund zeigen, wo er steht.
Es schien, du würdest den Bub ignorieren, aber du hattest ihn genau im Auge. Nach zwei Tagen hast du die „Zicken“ angeknurrt, als wolltest du sagen, nun ist aber gut, bist zu Cino hin und hast ihn kurz geknufft, hattest dabei deinen für dich so typischen Gesichtsausdruck und ab diesem Moment war er ins Rudel aufgenommen.
Zu Cino hattest du in den ganzen Jahren eine besonders enge Bindung. So wie du in seiner Anfangsphase seine Stütze warst, so stand er dir bei, als du einfach älter und langsamer wurdest. Wie oft hat er dich animiert und ihr beide seid miteinander über die Felder gerannt.
Er ganz vorsichtig neben dir her, nie wäre er ungestüm mit dir umgegangen und immer habt ihr euch Blicke zugeworfen, als würdet ihr euch anlachen.
Jenny, so viele Erlebnisse und Ereignisse könnte ich noch aufzählen. Wie ein Film läuft unser gemeinsames Leben vor mir ab und jede Nacht lagst du bei uns im Bett. Als du nicht mehr springen konntest, wurdest du hoch gehoben und morgens wieder aus dem Bett gesetzt.
Und dann wurdest du langsamer und es gab Tage, da wolltest du nicht mit Gassi gehen. Dann sind wir beide zusammen kleine Runden gegangen, so wie es dir möglich war. Deine Hinterbeine wollten nicht mehr und dann ging es so schnell.
Dein Gang wurde schwankend und du bist immer wieder hinten weggekippt. Innerhalb einer Woche konntest du die Hinterbeine immer weniger einsetzen, aber du hattest es immer noch versucht und es hatte noch ein bisschen geklappt.
Dann kam der 17. November 2016. Du kamst nicht mehr hoch, mit resigniertem Blick hast du mich angeschaut und ich wusste, jetzt müssen wir beiden den letzten Weg gehen. Ich hatte dich viel zu lieb, dass ich dir Qualen oder ein unwürdiges Leben zugemutet hätte. Und dein Blick sagte mir, es geht nicht mehr. Und es waren nur diese verdammten Beine……. 🙁
Ich habe dich nochmals durchs ganze Haus getragen, mich mit dir ins Bett gesetzt. Dann saßen wir beide am Teich, ich hatte dich auf dem Arm.
Ein letztes Mal fuhren wir in deinen geliebten Wald, wo du so viele Stunden unterwegs warst, geschnüffelt, gespielt, getobt und dich im Dreck gewälzt hast.
Ich habe dich den Waldweg entlang getragen, immer wieder abgesetzt, damit du schnüffeln, damit du Abschied nehmen konntest. Cino war dabei. Der letzte Weg war nicht mehr aufzuschieben.
Ich hatte dich im Arm, bis zum letzten Atemzug. Cino hatte seinen Kopf auf dir liegen. Ich habe dir ganz leise gesungen. Du bist genau 14 Jahre nachdem wir uns kennengelernt hatten, zur gleichen Stunde, als ich dich 14 Jahre zuvor im Arm hielt und dir versprochen hatte, immer für dich da zu sein, für immer eingeschlafen, ganz friedlich, in meinen Armen.
Jenny, mein geliebtes Streunermädel, ich danke dir von ganzem Herzen für 14 glückliche Jahre. Du warst mein Seelenhund!
Du warst so oft stärker als ich. Ich werde dich nie vergessen, du wirst immer in meinem Herzen sein.
Danke, dass du mich 14 Jahre begleitet hast, immer an meiner Seite warst. Nun ruhst du für immer vor unserer Terrasse, wo du immer bei uns warst und wo du für immer bei uns sein wirst.
Ich hatte dich so lieb! Du fehlst mir so!
Deine Heidrun