Wir sind Fini und Escada und wir hatten gleich doppelt Glück, nicht nur, dass wir beide Österreicherinnen wurden, wir durften sogar zusammen bleiben und zu Zweit ist alles einfacher! Doch wir erzählen von Anfang an…….
*Hallo, liebe Vierbeiner,*
ich heiße Fini und das ist meine Freundin Escada. Wir 2 hatten Glück – im Doppelpack!
Das ist ja wieder mal typisch: Fini begrüßt immer nur die Hunde — das gehört sich einfach nicht. Es muss heißen:
*Hallo, liebe Menschen!*
Also, “lieb” und “Menschen” passt ja wohl nur selten zusammen. Was ich als Welpe erlebt habe, hat mir den Glauben an das Gute in den
Zweibeinern nämlich gründlich ausgetrieben.
Fini muss immer so maßlos übertreiben … Sie meint wohl die Zeit in Rumänien, aber so schlimm fand ich das gar nicht.
Meine Erinnerungen sind böse genug! An die erste Zeit kann ich mich nur vage erinnern. Mama sorgte für uns, so gut es ging, auch wenn sie selbst kaum etwas zu fressen hatte. Vor den Zweibeinern warnte sie uns jeden Tag. Und sie hatte schon Recht mit ihrer Vorsicht, denn eines Tages kam ein Mann, packte mich mitsamt meinen Geschwistern in einen Sack und band
den fest zu. Es war dunkel und eng, kein Licht, keine Luft, keine Mama! Ich dachte, wir müssten ersticken! In einem stinkenden, lauten Ding auf vier Rädern wurden wir über holprige Straßen gekarrt, bis das Gefährt
anhielt und wir mit Schwung nach draußen befördert wurden. Das Getöse und Gerumpel entfernte sich; und nach kurzer Zeit wurde unser Sack hochgehoben und geöffnet. Was waren meine Geschwister und ich froh, dass
wir wieder Luft zum Atmen hatten und Licht sahen! Aber da war schon wieder ein Mann, … das Fürchten hat nicht aufgehört.
Lach nur, Fini; ich hab nun einmal eine damenhafte Figur mit betonten Hüften! Es muss ja nicht jede Hündin so burschikos daherkommen wie Du! Und außerdem … das Futter schmeckt mir eben. Schon in der Smeura habe ich gelernt, dass man nehmen und sicher stellen muss, was man kriegen kann. Auch heute gehe ich da meist noch auf Nummer Sicher: Was ich nicht mit fünf Bissen verschlingen kann, trage ich schnell weg und knurre jeden an, der sich in meine Nähe wagt. Meine Familie hat lange versucht, mich dann zu beruhigen, aber in diesen Situationen kenne ich keinen Spaß. Oberfrauchen und Oberherrchen haben das irgendwann akzeptiert und jetzt darf ich Knochen oder ähnliches allein in Oberfrauchens Büro oder im Garten verschmausen. Das gefällt mir! Außerdem sagt meine Familie, dass sie noch niemals einen so gelehrigen Hund hatte.
Pfff, gib? nicht so an. Es ist doch vielmehr so: Für Futter machst Du praktisch alles! Ich hab? da einfach mehr Stolz … und meine Vorsicht — die ist mir geblieben. Du hingegen vertraust ja gleich jedem Zweibeiner! Als Michael uns dann vor knapp zwei Jahren wieder in so ein fahrendes Brumm-Ding verfrachtet hat, meintest Du zuversichtlich: “Jetzt fahren wir zu unseren Familien!” Aber ich fand das Getöse und Gerumpel
nur zum Kotzen …
Ja, das war nicht zu überriechen …
Nach einer guten Stunde kamen wir in einem großen Garten an. Der gefiel mir außerordentlich; ich dachte: “Hier bleibe ich.” Das Haus war mir nicht geheuer und so nahe mussten die Zweibeiner auch nicht sein. Aber Escada ließ sich mit einem lächerlichen Stück Käse sofort hineinlocken. Ich nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und folgte ihr. Unter dem Esstisch fand ich einen guten, sicheren Platz, um das Treiben hier mit größter Skepsis zu beobachten. Aber wider Erwarten waren hier alle sehr nett und gar nicht aufdringlich. Ich fand das okay und nach zwei Wochen kam ich das erste Mal freiwillig zum Streicheln.
Insgesamt hatten wir es also gut getroffen, doch Escada wurde immer schwieriger. Zuerst brauchte sie mehr als drei Monate, bis sie begriffen hatte, dass nur die Zweibeiner im Haus ihre Geschäfte verrichten, wir Vierbeiner hingegen machen das draußen! Ich habe das bald verstanden, aber bei Escada hatte unser Oberfrauchen fast schon die Hoffnung aufgegeben. Dann wurde sie ihren Husten von der langen Fahrt aus Rumänien nicht los. Mit so einem weißen, grauslichen Pulver war das Krächzen bei mir bald vorbei, aber bei meiner Freundin wurde es schlechter statt besser. Ein weiß gekleideter Mann legte sie unter eine große Kamera, sah sich die Fotos an, murmelte etwas von “fast schon Lugenentzündung” und stach ihr eine lange Nadel in den Nacken. Eine Woche lang musste Escada dann Tabletten schlucken — aber bei ihrer Gier nach Leberwurst hat sie das wahrscheinlich nicht einmal bemerkt …
Ich kam mit einer kleinen, kahlen Stelle auf dem Kopf bei meiner Familie an — das hatte ich auf Michaels Foto geschickt verborgen. Der Mann in Weiß schabte an mir herum, erklärte meinem Oberfrauchen etwas über “Demodex” und sprach von “hartnäckig”. Ich habe gelernt, was “hartnäckig” bedeutet: Es heißt so viel wie “ein Jahr lang”. So lange hat Frauchen gebraucht, bis wir diese lästige Milbengeschichte halbwegs im Griff hatten. Baden und Einreiben, Mineralstoffe und Vitaminmischungen, Tropfen, Öl und Pulver — alles haben wir
ausprobiert. Schließlich haben uns zwei supernette Männer in einem Hundesalon geholfen, die mich mit einem Spezialshampoo badeten. Eine wohltuende Massage gab?s auch immer dazu! Und dann, ja dann fing mein dummes Bein wieder zu schmerzen an. Ich hatte diese Geschichte eigentlich schon lange vergessen — irgendwo in ganz hinten in meinem Kopf gibt es ganz vage Erinnerungen an böse Verletzungen im Maul, auf der Schulter und im rechten Vorderbein, als ich noch ganz klein war. War es ein Auto gewesen? Hatte ich Prügel bekommen? Ich weiß es nicht mehr und will es auch gar nicht wissen. Jedenfalls tat mein Bein immer stärker weh, wenn wir von langen Spaziergängen zurückkamen. Manchmal
humpelte ich, manchmal konnte ich überhaupt nur auf drei Beinen gehen. Zuerst tippte der Mann in Weiß — Ihr wisst jetzt schon, wen ich meine — auf eine Verstauchung, doch neue Bilder aus der großen Kamera zeigten schließlich eine Verletzung, die schon lange zurückliegen musste. Im Herbst 2009 wurde ich operiert. Das war nicht weiter schlimm für mich; denn eigentlich genieße ich es immer, im Mittelpunkt zu stehen (oder zu liegen), und mehrere Zweibeiner kümmern sich ausschließlich um mich. Meine Familie hat sich diese Spezialbehandlung auch ganz schön was kosten lassen! Nur, dass ich danach fast zwei Monate nicht mit Fini spielen und spazieren gehen durfte, fand ich ganz blöd.
Zum wilden Toben bleibt uns, neben dem Wohnzimmer, der Garten. Mit dem geben wir uns mittlerweile auch zufrieden; die Zeiten unserer zahllosen Ausbruchsversuche sind vorbei. Anfangs fanden wir es überaus lustig, den diversen Nachbarn immer wieder Besuche abzustatten. Noch interessanter war es, Frauchen und Herrchen danach zu beobachten, wie sie die mühsam gegrabenen Löcher unter den Zäunen mit Brettern, Spanndraht und Steinen
wieder verschlossen. Stimmt Ihr uns nicht zu, dass wir äußerst kommunikative Hunde sind? — So viele Kontakte hatte unsere Familie zu den nebenan wohnenden Zweibeinern nie zuvor …!
Wenn man also all unsere Leistungen zusammenzählt — die Grabungsarbeiten im Garten, den Wachdienst für den gesamten Häuserblock, die Kontaktpflege zu den Nachbarn, die Fitness für die ganze Familie, so sind wir für unsere Menschen schlicht unentbehrlich. Die würden sich doch ohne uns gar nicht zurechtfinden! Und außerdem: Ich liebe mein junges Herrchen, mit dem man so herrlich toben, knuddeln und spielen kann.
Ich bevorzuge mein altes Herrchen, das so ausdauernd und gefühlvoll streichelt wie kein anderer!
Und nachdem uns das junge und das alte Frauchen gezählte 17.843 Mal ins Ohr geflüstert haben, dass wir die allersüßesten Zuckermäuse der Welt sind, glauben wir ganz fest:
Diese “Verrückten” haben uns Glück gebracht!
Fini und Escada,
zwei, die glücklich geworden sind