Wie alles begann, daran kann ich mich nicht erinnern. Wo war meine Mama? Hatte ich Geschwister? Ich hatte es vergessen, so viel stürzte in kürzester Zeit auf mich ein.
Als ich wieder realisierte, was um mich herum passierte, fand ich mich in einem Käfig wieder. Die Hundeauffangstation in Curtea de Arges war Endstation. Unter meinen Pfötchen ein feuchter Betonboden, um mich herum viele fremde Welpen und alle waren genauso verstört wie ich.
Wir hatten Hunger, großen Hunger und Durst. Ab und zu wurde etwas zu Fressen in unsere trostlose Behausung geworfen und jeder von uns versuchte, einen Brocken zu erwischen. Leider bekam ich meistens nichts ab. Ich war die Kleinste und hatte nicht die geringste Chance gegen meine größeren und stärkeren Leidensgenossen. Aber Aufgeben kam für mich nicht in Frage, oh nein, so lange es noch eine Chance gab, würde ich kämpfen!
Dieser Käfig war mein sicherer Tod, das war mir klar. Da ich so winzig war, drängte ich mich zwischen den Gitterstäben durch und stand im nächsten Todeszwinger.
Immer wieder starben Hundekumpels. Oft lagen sie tagelang in den Käfigen und manche wurden auch von den hungernden Mitinsassen gefressen. Immer wieder zerrte man verängstigte und sich heftig wehrende Kumpels aus den Käfigen – sie kamen nie wieder. Eines Tages herrschte große Unruhe. Oh nein, wurden nun auch wir aus unserem Verließ gezerrt? Was stand uns bevor? Aber alle Sorgen waren unbegründet. Dieses Mal lief alles anders, viel ruhiger, ab. Mama Farana ließ alles gelassen über sich ergehen. Spürte sie, dass von diesen Männern keine Gefahr drohte oder war es Resignation, das Bewusstsein, nichts ändern zu können?
Was dann passierte, war so unbegreiflich, dass wir es zunächst nicht fassen konnten: Gefüllte Futterschüsseln, frisches Wasser, eine saubere Behausung, freundliche Worte und ich wurde zum ersten Mal in meinem Leben gestreichelt. Was war das schön! Waren wir hier im Paradies? Es hätte immer so weiter gehen können, doch die vergangenen Wochen waren an uns Hunden von Curtea de Arges nicht spurlos vorbei gegangen. Fast alle von uns wurden krank, schwer krank und einer nach dem anderen starb. Unser Hundepapa trug täglich mit traurigem Blick einige meiner verstorbenen Freunde aus den Gehegen. Dank meiner Adoptiv-Mama überlebten meine Geschwister und ich. Sie hatte uns mit ihrer spärlichen Milchquelle das Leben gerettet.
Auch bei Hundepapa Michael verschwanden immer wieder Hundekumpels und wurden in einem Auto weg gefahren. Für unseren 2-beinigen Freund war das immer Anlass zur Freude und so machten wir uns weiter keine Gedanken. Irgendwann machte auch ich mich auf die Reise ins Unbekannte. Am Ziel angekommen, empfingen uns freudige Stimmen und schon war ich auf einem Arm und wurde geherzt und gedrückt. „Fanta, das ist deine Familie. Viel Glück meine Kleine.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Michael von mir.
Ich fand mich sehr schnell zurecht. Familie ist toll, spielen und toben sind toll, gefüllte Futterschüsseln sind toll und auch mit meiner neuen Hundefreundin lief alles bestens. Leider war das nicht von Dauer. Ich wurde älter und ließ mir von meiner zickigen Mitbewohnerin nicht mehr alles gefallen. Wir zofften uns immer öfter und es wurde so heftig, dass unsere Familie beschloss, uns zu trennen. Leider musste ich gehen. Schnell war ich bei einem Pflegepapa untergebracht und meine Welt war wieder in Ordnung und nach kurzer Zeit hatte ich wieder eine neue Familie. „Oh, die kenne ich doch. Das ist doch meine Halbschwester Fiona, die wie ich, die Hölle von Curtea de Arges überstanden hatte. Das wird ja immer besser“.
Mein Leben ist schön! Meine Futterschüssel ist immer gefüllt, den Platz auf der Couch beanspruche ich nach wie vor, weil mir das einfach zusteht, wo ich doch diesen gewissen Blick habe……., bei schönem Wetter lege ich mich in den Garten in die Sonne und träume vor mich hin. Doch auch mich hatten die „Streunerhilfe“ nicht vergessen und es dauerte n icht lange, da durfte auch ich zu zwei ganz lieben Mädels ins Auto steigen. Kein Blick zurück, nur schnell fort. Eine „ganz Feine“ sei ich, ganz ehrlich, ich habe mich fast geschämt. Ich roch nicht gut, war schmutzig, dick und unansehnlich und ich sollte „eine ganz Feine“ sein? Niemand störte sich an meinem Äußeren und dann hatte auch ich eine Pflegemama! Die war genauso lieb wie „meine beiden Retterinnen“ und so fiel mir der Abschied von diesen nicht schwer.
Ich genieße die täglichen Spaziergänge, nur nicht zu viel Hektik, ich liebe die Ruhe und Gemütlichkeit. Meine Eva akzeptiert mich wie ich bin, auch, wenn ich manchmal meine eigenen Wege gehe. Auch nimmt sie mich immer wieder zu diesen Hundetreffen mit, wo ich alle Komplimente cool über mich ergehen lasse. Aber wie schon gesagt, ich stehe über den Dingen und im größten Trubel stehe ich wie ein Fels in der Brandung, aber nicht lange, dann lege ich mich einfach nieder, schaue noch etwas melancholisch und schlafe dann ein……
Und so hatte ich wieder ein Zuhause. Ich hatte wieder eine eigene Familie mit einem kleinen Baby-Menschen, MEINE Familie. Mein kleiner Menschen-Kumpel hat mit meiner Hilfe bereits gelernt, seine beiden Beine zu gebrauchen. Ich werde ihm zur Seite stehen und wehe, jemand tut ihm was.
Nach einigen Umwegen bin ich endlich glücklich, so glücklich, wie ein Hund nur sein kann. Ich, Fanta, die Kämpferin, das Hundemädel aus Curtea de Arges ist endlich angekommen und allen, die mich auf diesem steinigen Weg begleitet und mir immer wieder geholfen haben, ein inniger Hundeschlabber.
Eure dankbare Fanta, die nie aufgegeben hat!